names of covid-19 vaccine producers

Noch immer keine Transparenz bei Covid-19-Impfstoffverträgen und Verhandlungen zwischen EU und Pharmafirmen

Fast zwei Jahre nachdem die Lobbyorganisation Corporate Europe Observatory (CEO) Anträge auf Informationsfreiheit (FOI) zu den Covid-19-Impfstoffverträgen und Verhandlungen zwischen der EU und Pharmaunternehmen gestellt hat, hat die Europäische Kommission einen letzten Stapel von 200 Dokumenten veröffentlicht.

CEO reichte im September 2020 zwei FOI-Anträge ein. Im März 2021, nachdem der Europäische Bürgerbeauftragte im Namen von CEO interveniert hatte, übermittelte die Kommission eine Liste von 365 relevanten Dokumenten und kündigte an, dass diejenigen, die offengelegt werden können, "schrittweise auf einer Website der Kommission online zugänglich gemacht werden".

Doch die Kommission kam ihrer Ankündigung nicht nach: Nachdem ein erster Stapel von 80 Dokumenten im Juni 2021 freigegeben worden war, schwieg sie sechs Monate lang, so dass CEO keine andere Wahl hatte, als eine neue Beschwerde einzureichen. Aufgrund dieser Beschwerde nahm der Europäische Bürgerbeauftragte im Januar 2022 seine Untersuchung über die Nichtfreigabe dieser Dokumente durch die Kommission wieder auf. In der letzten Woche hat CEO via den Bürgerbeauftragten zu den Antworten der Kommission Stellung genommen.

Obwohl CEO die die meisten der versprochenen Dokumente erhalten hat, sind viele Schlüsseldokumente stark redigiert, so dass von Transparenz noch lange nicht gesprochen werden kann.

Diese Woche hat die Europäische Kommission die Situation noch verschlimmert, indem sie sich weigerte, die zwischen ihrer Präsidentin Ursula Von der Leyen und dem leiter von Pfizer, Albert Bourla, ausgetauschten Textnachrichten im Zusammenhang mit den Verhandlungen über den Kauf von Covid-Impfstoffen freizugeben, obwohl über 130.000 Bürgerinnen und Bürger sowie der Europäische Bürgerbeauftragte dies gefordert hatten.

Anfang dieser Woche argumentierte die Europäische Kommission, dass Textnachrichten "kurzlebig und flüchtig" seien und daher nicht registriert werden sollten.

Das ist keine Art und Weise, wie die Kommission im 21. Jahrhundert mit Transparenz umgeht. Unsere Kollegen von 'Access Info Europe' und SumOfUs erinnern zu Recht daran, dass Ursula von der Leyen im Jahr 2019 als deutsche Verteidigungsministerin für einen ähnlichen Mangel an Transparenz bei der Vergabe von Rüstungsaufträgen in die Kritik geraten ist.

Olivier Hoedeman, wissenschaftlicher Mitarbeiter bei CEO: "Die EC scheint nicht zu lernen und macht sogar Rückschritte. Es war schon ein außergewöhnlich langer Kampf um Transparenz und wir bedauern, dass so viele der Dokumente stark geschwärzt sind, aber CEO drückt die Hoffnung aus, dass MdEP, Bürger/innen und Journalist/innen in ganz Europa die nun öffentlich zugänglichen Informationen gut nutzen und die Dokumente genau prüfen werden."

"Wir hoffen insbesondere, dass die Abgeordneten des Sonderausschusses COVID des Europäischen Parlaments die Informationen nutzen werden, um der Art und Weise auf den Grund zu gehen, wie die EU auf diese historische Epidemie reagiert hat."

CEO hat  die neuen Dokumente an die Abgeordneten des COVID-Sonderausschusses des Europäischen Parlaments weitergeleitet. Am Montag, wenn dieser Ausschuss erneut zusammentritt, wird CEO eine erste Analyse darüber veröffentlichen, was die Dokumente über die katastrophale Abkehr der EU von ihrem Versprechen aussagen, dass Covid-19-Impfstoffe ein "globales öffentliches Gut" werden würden, das auch für Länder mit niedrigem Einkommen zugänglich ist.

Diese Kehrtwende wurde bei den WTO-Verhandlungen über eine vorgeschlagene TRIPS-Ausnahmeregelung deutlich, mit der die Beschränkungen des geistigen Eigentums vorübergehend aufgehoben werden sollen, um die Herstellung von Generika für die lebensrettenden COVID19-Impfstoffe zu ermöglichen.

Die bei der WTO in Genf erzielte Einigung über die Ausnahmeregelung zum TRIPS-Abkommen wurde von der Zivilgesellschaft zu Recht kritisiert und abgelehnt, weil sie die Gesundheit der Menschen einfach nicht über den Profit stellt. Die Tatsache, dass die EU maßgeblich dazu beigetragen hat, ein positives Ergebnis für die Ärmsten der Welt zu verhindern, ist eine Schande für die EU. Das skandalöse Ausmaß, in dem sich die EU auf die Seite von Big Pharma geschlagen hat, unterstreicht, wie wichtig es ist, in der EU-Impfstoffpolitik für Transparenz und Verantwortlichkeit zu sorgen.  

Lesen Sie weiter für weitere Details:

  • Seit Beginn der Pandemie hat CEO wichtige Aspekte der EU-Pandemiebekämpfung untersucht, darunter die EU-Impfstoffstrategie, die Therapiestrategie und die Position der EU in den TRIPS-Verhandlungen (siehe Liste der Veröffentlichungen am Ende dieser Nachricht). Wir haben den äußerst problematischen Einfluss der Pharmaindustrie und ihrer Lobbygruppen auf diese Entscheidungsprozesse dokumentiert. Unsere Nachforschungen haben ein inakzeptables Ausmaß an undurchsichtiger Entscheidungsfindung und einen Mangel an Transparenz und Rechenschaftspflicht in einer der wichtigsten Debatten unserer Zeit aufgedeckt. Angesichts des beispiellosen Charakters dieser Pandemie und unter demokratischen Gesichtspunkten ist dies schlichtweg inakzeptabel.
  • Unser Antrag auf Zugang zu Dokumenten und die in verschiedenen Phasen freigegebenen, geschwärzten Dokumente sind hier online: https://www.asktheeu.org/en/request/the_vaccines_procurement_steerin#incoming-29569
  • Vor dem Hintergrund der “gescheiterten” Einigung des WTO-Trips-Rates auf eine "Ausnahmeregelung" betont CEO, dass es eine zentrale brennende Frage gibt, die vom COVID-Ausschuss besonders geprüft werden muss: Was ist mit dem Engagement der EU für Impfstoffe als globales öffentliches Gut geschehen, das ausdrücklich Teil der Vereinbarung zwischen den EU-Mitgliedstaaten und der Kommission von Mitte Juni 2020 über die gemeinsame Beschaffung von Impfstoffen war?
  • Kommissionspräsidentin von der Leyen hatte im Frühjahr 2020 in mehreren öffentlichkeitswirksamen Ankündigungen versprochen, dass Impfstoffe ein globales öffentliches Gut werden würden. Und dieser Ansatz wurde in der Vereinbarung vom Juni 2020 wie folgt präzisiert: "Die Kommission wird einen Covid-19-Impfstoff als globales öffentliches Gut fördern (unsere Hervorhebung). Diese Förderung wird den Zugang von Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen zu diesen Impfstoffen in ausreichender Menge und zu niedrigen Preisen einschließen. Um diese Ziele zu erreichen, wird sich die Kommission bemühen, mit der pharmazeutischen Industrie Fragen der gemeinsamen Nutzung von geistigem Eigentum zu klären, insbesondere dann, wenn dieses geistige Eigentum mit öffentlicher Unterstützung entwickelt wurde. Impfstoffe, die im Rahmen der abgeschlossenen APAs zum Kauf zur Verfügung stehen, aber von den teilnehmenden Mitgliedstaaten nicht benötigt und gekauft werden, können für die globale Solidaritätsaktion zur Verfügung gestellt werden."
  • Die starre und unverantwortliche Haltung der Kommission und der Mitgliedstaaten in Bezug auf die vorgeschlagene TRIPS-Ausnahme steht in krassem Gegensatz zu dem in der Vereinbarung vom Juni 2020 dargelegten Ansatz. Anstatt Covid-19-Impfstoffe als globales öffentliches Gut zu behandeln und die gemeinsame Nutzung von geistigem Eigentum zu fördern, um dies zu erreichen, blockierten die Kommission und der Rat einen Vorschlag, der im Oktober 2020 bei der WTO vorgelegt wurde und den mehr als 100 Länder als notwendige Voraussetzung für die Ausweitung der Impfstoffproduktion für die Ärmsten der Welt betrachten.
  • Die Förderung von Impfstoffen als globales öffentliches Gut scheint bereits im Sommer 2020 aufgegeben worden zu sein, als die EU begann, mit Pharmakonzernen wie AstraZeneca und Pfizer Kaufverträge für Impfstoffe auszuhandeln.
  • Entscheidende Fragen, die beantwortet werden müssen, sind hier zu finden.

CEO's 'Pharma Files' zum Thema COVID-Impfstoffe und -Therapeutika:

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